Universität Bonn

Sound Design in digitalen Umwelten

Kanalzüge - Mischpulte

Neben der Mastersektion hat jedes Mischpult einen Abschnitt, in dem die eingehenden Signale auf einzelnen Kanälen od. Kanalzügen od. auch Channels geführt werden. Diese Kanalzüge sind in den meisten Fällen gleich aufgebaut und nebeneinander angeordnet. Die Nummerierung der Kanäle ergibt sich aus der vertikalen Anordnung der Kanäle. Selbst bei unterschiedlichen Mischpultmodellen folgt der Aufbau eines Kanals demselben Prinzip. Das Signal wird von oben nach unten geführt und bearbeitet und letztlich über Busse nach rechts zur Mastersektion geleitet. Der Workflow ist also top-down und left-to-right. Im Folgenden sollen die einzelnen Bestandteile eines Kanalzugs dem Signalfluss entsprechend (also top-down) näher erläutert werden.

    Kanalzüge eines Mischpultes
    © Max Alt

    Eingangssektion - Vorverstärkung

    Die Input- oder Eingangssektion an einem Mischpult verfügt über i.d.R. zwei Eingangsmöglichkeiten: Line- und Mikrofonsignale. Das Meter zeigt den eingehenden Pegel des Signals an. Das Signal wird in der Eingangssektion über einen Pre-Amp, deutsch Vorverstärker, verstärkt und so in seiner Amplitude und im Obertonverhalten bereits verändert. Bei analogen Pulten wird diese Verstärkung gezielt eingesetzt, um „analoge Wärme“ zu erzeugen, bei digitalen Mischpulten gilt demgegenüber Signaltreue und verzerrungsfreie Verstärkung als klangästhetische Maßgabe. Mit dem Gain-Regler kann die Stärke der Pegelanhebung justiert werden. Dazu finden sich Taster für die Polarität (Phasendrehung) und die Phantomspeisung.

    Equalizer

    Nachdem das Signal vorverstärkt wurde, durchläuft das Signal einen Equalizer, also eine Verkettung von Filtereinheiten. Hier gibt es je nach Mischpult große Unterschiede in Bezug auf die Komplexität der Einstellungsmöglichkeiten und dem daraus resultierenden Klang. Das Signal kann mithilfe der Filter nun optimiert, veredelt oder störende Frequenzen entfernt werden. Oftmals lassen sich semiparametrische Mittenbänder regeln, d.h. das Frequenzband und die Filtergüte einstellen. Hinzu kommen ein High- und Low-Shelf-Filter sowie ein Low-Cut-Filter, um störende Bassfrequenzen zu eliminieren. Doch wie bereits gesagt, an dieser Stelle gibt es massive Unterschiede von Modell zu Modell. Vor allem digitale Mischpulte können hier trumpfen, da sie mithilfe von vollparametrischen Equalizern mit ihren komplexen Bearbeitungsmodi und Einstellungsebenen nicht so stark limitiert sind.

    Aux-Send

    Das Signal ist nun vorverstärkt und durch Filter veredelt bzw. bereinigt. Über sogenannte „Aux-Sends“, „Aux-Wege“ oder nur „Sends“ wird das Signal nun abgegriffen und auf diverse Busse verteilt werden. I.d.R. wird das Signal für Kopfhörerabmischungen oder Effektgeräte abgezweigt und auf einem anderen Kanal zurückgeführt. Der Signalanteil, der über den Aux-Bus geführt wird, lässt sich über einen Regler, ein Potentiometer feinjustieren. Je nach Ausmaß des Mischpultes kann es eine Vielzahl an Aux-Wegen geben.

    Inserts

    Anders als Aux-Wege zweigen sogenannte Inserts, genauer Insert-Send-Return-Wege das Signal an einer Stelle ab und führen es an dieselbe Stelle zurück. Aux-Wege leiten das Signal vom Kanalzug weg und müssen an anderer Stelle wieder eingespeist werden. Inserts sind nicht nur hilfreich, um Kanäle zu sparen, sondern vor allem dienen sie zur Bearbeitung des kompletten Signals durch externe Effektgeräte. In den Insert-Wegen eines Mischpults liegen meistens externe Vorverstärker, Equalizer oder Kompressoren an, um dem Signal eine andere bzw. weitere Klangfarbe hinzuzufügen.

    Solo- und Mutetaster

    Der Mutetaster schaltet ein Signal stumm. Der Solotaster aktiviert den Solobus, was dafür sorgt, dass alle Kanäle, deren Solotaster nicht gedrückt sind, verstummen. So lassen sich mit einem Knopfdruck bei großen Mischpulten alle Kanäle muten und das Einzelsignal abhören.

    Routing

    Die Taster für „Master“, „Sub 1-2“, „Sub 3-4“, usw. geben an, auf welchen Bussen das Signal zur Mastersektionen geleitet werden soll. Hiermit lassen sich unterschiedliche Signalroutings realisieren. Bspw. kann das Signal über den Master an die Lautsprecher gegeben, über eine Subgruppe dann an einen Kopfhörermix, eine Bandmaschine oder den Computer gegeben werden. Doch auch komplett andere Produktions- und Aufnahmeszenarien können sich durch die Routingtaster ergeben.

    Fader und Panorama

    Finden sich in den frühen Mischpulten noch große Drehknöpfe zum Einstellen der Pegel, so hat sich mit der Zeit der Fader durchgesetzt. Fader haben gegenüber den noch bis in die 1950er-Jahre gebräuchlichen Drehreglern den Vorteil, dass man mit zwei Händen zehn Fader (pro Finger ein Fader), statt mit zwei Händen zwei Drehregler betätigen kann. Dadurch wird die Arbeit am Mischpult effektiver und dynamischer. Es gilt: Je länger der Fader-Weg, desto feiner lässt sich die Lautstärke bzw. der Pegel des Signals einstellen. Über dem Fader befindet sich der sogenannte „Panorama-Regler“. Mit diesem Potentiometer wird die Position des Signals auf der Links-Rechts-Achse des Stereofeldes festgelegt.

    Smyrek, Volker. Die Geschichte des Tonmischpults. Die technische Entwicklung der Mischpulte und der Wandel der medialen Produktionsverfahren im Tonstudio von den 1920er-Jahren bis heute. Berlin: Logos 2013.

    Playlist (Panorama/Stereofeld)

    • “What a Difference a Day Makes” – Dinah Washington (Mercury 1959)
    • “Greenfields” – The Brothers Four (Columbia 1959)
    • “Donna Donna” – Joan Baez (Vanguard 1960)
    • “Gesang der Jünglinge” – Karlheinz Stockhausen (Deutsche Grammophon 1968)
    • “Iron Man” – Black Sabbath (Vertigo 1970)
    • “Rauch–Haus–Song” – Ton Steine Scherben (David Volksmund Produktion 1972)
    • “Time in a Bottle” – Jim Croce (ABC 1973)
    • “Eldorado Overture” –Electric Light Orchestra (United Artists 1974)“Lamento Del Yacuruna” – Los Wembler’s de Iquitos (Decibel 1975)
    • “Jack of Speed” –Steely Dan (Giant 2000)
    • “Parking Lot” – Stimming (Diynamic 2016)
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