Universität Bonn

Sound Design in digitalen Umwelten

VCO - Oszillatoren und Steuerspannung

Ein Oszillator ist ein schwingungsfähiges System, das sich um seine Ruhelage bewegt. Diese Ruhelage oder auch Gleichgewichtslage des schwingenden Systems ist jener Punkt, an dem sich das System ohne äußeren Einfluss in Ruheposition befindet. Man stelle sich dafür ganz einfach eine Schaukel vor. Ohne äußeren Einfluss bleibt die Schaukel in Ruheposition. Erst wenn sich jemand auf die Schaukel setzt oder sie anstößt beginnt sie zu schwingen und pendelt um diese Ruheposition. Wird der Schaukel keine weitere Energie zugeführt, so kommt die Schaukel mit der Zeit wieder in ihrer Ruhelage an. Um den Stillstand eines oszillierenden Systems zu verhindern, benötigt man also eine Energiezufuhr. Versetzt man einen Oszillator mit einer gleichbleibenden Energiezufuhr in Schwingung, so erzeugt er gleichbleibende Schwingungen.

Bei der analogen Klangsynthese kommen sogenannte spannungsgesteuerte Oszillatoren - VCO (engl. voltage controlled oscillator) - zum Einsatz. Sie sind einer der wichtigsten klang- und tonerzeugenden Bausteine des Synthesizers. Dieser elektronische Schwingkreis erzeugt eine Frequenz, die von einer Steuerspannung (engl. control voltage) abhängig ist. Gehen wir von einem Synthesizer aus, der über eine Klaviatur verfügt, so wird die Steuerspannung, die verantwortlich für die Tonhöhe/den Pitch ist, durch das Betätigen einer Taste auf der Klaviatur erzeugt. I. d. R. gilt für das Verhältnis von Steuerspannung und Frequenz resp. Tonhöhe 1-Volt/Oktave. Mit dieser mittlerweile weit verbreiteten und normierten Maßgabe von 1-Volt/Oktave steigt die Steuerspannung um ein Volt pro Oktave. Wird auf der Klaviatur also ein Oktavsprung gespielt, verändert sich die Steuerspannung um ein Volt. Dementsprechend erzeugen Halbtonschritte eine Änderung der Steuerspannung von 1/12 Volt. Verfügt der Synthesizer nicht über eine Klaviatur, dann ist es mitunter notwendig, den Oszillator zu stimmen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist ein nicht unwesentlicher Unterschied zwischen Gate- und Trigger-Signalen. Trigger-Signale sind kurze, nadelförmige Spannungsimpulse, die bspw. durch das Drücken einer Taste auf der Klaviatur ausgelöst werden können. Demgegenüber erzeugen Gate-Signale eine Spannungsänderung, die über die gesamte Dauer des Tastendrucks konstant bleibt. Beim Loslassen der Taste springt die Steuerspannung dann wieder auf ihr Normalniveau (s. Abb.).

Durch die Wahl der Schwingungsform kann das Obertonspektrum des erzeugten Klangs festgelegt werden. In den meisten Fällen kann zwischen Sägezahn-, Rechteck-, Dreieck- und Sinuswellen ausgewählt werden. Die Sägezahnwelle enthält alle harmonischen, d. h. ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz. Ihr Klang kann dementsprechend als voll, satt, hell und durchsetzungsfähig beschrieben werden. Die Rechteckschwingung erzeugt dementgegen nur harmonische Obertöne mit ungerader Ordnungszahl. Sie wird oft als hohl, digital, kalt oder nasal empfunden. Ebenfalls nur harmonische Obertöne mit ungerader Ordnungszahl, aber mit deutlich schwächerer Intensität, enthält die Dreieckwelle. Ihr Klang ist weich, rund, luftig und flötenähnlich. Die Sinuswelle erzeugt logischerweise nur eine Grundfrequenz ohne Obertonaufbau (s. Abb.).

Verfügt ein Synthesizer nun über zwei oder mehr spannungsgesteuerte Oszillatoren, so lassen sich diese leicht gegeneinander verstimmen und erzeugen so Out-of-Tune-Effekte, die den Klang voller und breiter klingen lassen. Darüber hinaus kann durch das Summieren unterschiedlicher Wellenformen bereits eine breite Palette an Klängen erstellt werden. Auch das Stimmen der VCOs in musikalischen Intervallen kann zu interessanten Effekten und Akkordstrukturen führen, die mit nur einer Taste gespielt und so auch auf der Klaviatur verschoben werden können.
 
 

Grundwellenformen und Obertonspektrum.jpg
© Max Alt
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Sinuswelle
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Dreieckwelle
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Rechteckwelle
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Sägezahnwelle
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